Rasse des Monats September 2005 - Thüringer

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    Rasse des Monats:

    Thüringerkaninchen

    Erstellt von Heiko Semmel

    Bericht erstellt von Heiko Semmel

    Hessische Preisrichtervereinigung, Preisrichtergruppe Hanau

    Schriftführer im Thüringer & Separator Club Hessen

    Das Thüringer Kaninchen gehört zu den beliebten und viel gezüchteten Rassen. Für die Liebhaber ist die Verbindung der Deckfarbe mit den Abzeichen eine Augenweide. Nicht umsonst ist die Thüringer - Farbe bei Widdern, Holländern, Schecken, Satin, Farbenzwergen, um nur ein paar zu nennen, als Farbenschlag anerkannt. Leider gibt es recht unterschiedliche Meinungen über das korrekte Erscheinungsbild dieser Rasse. Dies sieht man anhand der unterschiedlichen Bewertungen der Rassenmerkmale mancher Tiere. Auch regional werden verschiedene Farben gezüchtet.

    Aus diesem Grund möchte ich in meinem Bericht das Thüringerkaninchen vorstellen. Mein Bericht habe ich in folgende Abschnitte unterteilt:

    geschichtliche Entstehung

    Erscheinungsbild

    1 Gewicht

    2 Körperform und Bau

    3 Fell

    4 Deckfarbe

    5 Abzeichen

    6 Unterfarbe

    7 Pflegezustand

    Schlußbetrachtung

    Das Thüringer Kaninchen kommt, wie selten eine andere Rasse, aus dem Land dessen Namen es trägt. David Gärtner Deutsche Riesenschecke(1841-1927), Lehrer in Waltershausen, einer kleinen Gemeinde in Thüringen, hat diese Rasse um etwa 1895 aus Kreuzungen von Russen- und Silberkaninchen sowie Belgischen Riesen gezüchtet. Über die Entstehung dieser Rasse sind wir ziemlich gut unterrichtet durch Emil Piegsa, der in der Kaninchenzucht weit bekannt ist. Gärtner wollte ursprünglich aus den genannten drei Rassen ein größeres Schwarzsilber Kaninchen und ein schwereres Russen Kaninchen züchten. Dies gelang ihm auch nach mehrjähriger Zucht. 1900 stellte er die ersten Zuchtprodukte mit einer Masse von 3,5 bis 4,5 kg auf der Drachenfels - Schau in Leipzig aus. Er stieß hierbei auf heftigen Widerstand des Russenzüchter Clubs und der Silberzüchter. Die Neuzüchtung Gärtners wurde als Kreuzungsprodukt abgelehnt. Man kann das vielleicht verstehen, wenn man sich daran erinnert, dass bei uns in Deutschland um die Jahrhundert- wende der Gedanke der Rassenkaninchenzucht erst aufgekommen war. Man lehnte daher alles ab, was nicht „rassenrein“ erschien.

    Zehn Jahre später änderten sich die Ansichten. Zu dieser Zeit konnten sich Friedrich Nagels Deutsche Großsilber durchsetzen und wie Emil Piegsa schreibt - " das ernten, was David Gärtner gesät hatte". Bei seinen Zuchtversuchen war David Gärtner eine dritte Frucht in den Schoß gefallen. Von ihm völlig ungewollt befand sich in einem seiner Würfe ein gemsfarbiger Rammler, dessen Fellfarbe ihm gefiel. Er verpaarte ihn an dessen Mutter zurück und erhielt weitere gemsfarbige Kaninchen. Der neuen Rasse gab er den Namen Chamois (franz.: Le Chamois = die Gemse ). 1901 erschienen seine ersten Berichte, die für die neue Rasse warben. Daraufhin wurde 1901 der Züchterverein Walthershausen gegründet, an welchem unter anderem Gärtner und Piegsa beteiligt waren. Dieser Verein nahm sich der Gemsenzucht an und stellte ihre Entwicklung auf eine breite Grundlage.

    1905 gründete man auf Piegsas Anregung den ersten Spezialzüchterclub, der den Namen Chamois Club Waltershausen erhielt. 1905 und 1906 stellten die Waltershausener Züchter erneut ihre Rasse aus und zeigten sie in einer größeren Zahl in Leipzig. Aber Gärtner und seine Getreuen wurden erneut enttäuscht, denn auch diese Neuzüchtung wurde abgelehnt. Man züchtete diese und jene Mängel weg. So kamen die gemsfarbigen Kaninchen zur Bundesschau nach Hannover und wurden 1908 als Thüringer Gemsen anerkannt. Die erheblichen Geburtswehen hatten die Thüringer hinter sich, ihre Zukunft schien gesichert.

    Aber es gab neue Schwierigkeiten, so versuchten Züchter immer wieder auf eigene Faust die Rasse zu verbessern. Sie kreuzten Widder- und Hasenkaninchen ein. Heute noch treten diese Rassenmerkmale ( breite Ohrenstellung, Andeutung einer Krone, schnittiger Typ, hohe Stellung) immer wieder in Erscheinung. Karl Maul, Diemitz versuchte es mit grauen Riesen und Hasenkaninchen und so entstand neben dem kleinen Waltershausener Typ die so genannte Diemitzer Gemse mit einem Gewicht von bis 5 kg. Anfang der 30 `er Jahre vereinheitlichte man Form und Größe, so dass nur noch der mittelgroße Typ, wie er heute ist, zugelassen wurde.

    Die Anerkennung als Wirtschaftsrasse wurde den Thüringern versagt. Dadurch gab es keine Förderung während der Zeit des Krieges. Den 2. Weltkrieg überlebten daher nur wenige Tiere. Mit diesen wurde in der Folgezeit in mühseliger Kleinarbeit diese Rasse wieder aufgebaut. Bereits 1957 standen auf einer Schweizer Sonderschau wieder 150 Tiere von meist überdurchschnittlicher Qualität.

    2. Erscheinungsbild:

    1. Gewicht:

    Das Gewicht entspricht einer leichteren Mittelrasse. Das Normalgewicht beträgt 3,5 kg, das Mindestgewicht 2,5 kg und das Höchstgewicht 4,25 kg. Am eindrucksvollsten ist ein Thüringer Kaninchen mit einem Idealgewicht von 3,8 bis 4,0 kg.

    2. Körperform und Bau:

    Das Tier hat einen walzenförmigen, gedrungenen, gut proportionierten Körper mit einer breiten Brust und Hinterpartie, die schön geschwungene Rückenlinie ist hinten gut abgerundet. Der kurze, breite Kopf liegt dicht, ohne Hals am Körper an. Die kräftigen Läufe sind mittellang und die Ohren fleischig, zur Größe des Körpers passend (11,5 bis 12 cm). Bei älteren Häsinen ( ab dem 13. Lebensmonat) ist eine kleine gut geformte Wamme zulässig. Die Läufe sollen kräftig und mittellang sein. Vor allem auf ersteres sollte großer Wert gelegt werden. In Bezug auf die Körperform kann man von den Thüringern schon einiges erwarten. Eine unrunde Hinterpartie sollte in den meisten Zuchten der Vergangenheit angehören. Natürlich gibt es auch Fehler, mit denen Thüringer Kaninchen behaftet sein können. Große Probleme bereiten noch die Ohren. Leider sind schöne fleischige, offen getragene Ohren noch recht selten. Weitere Fehler, mit denen ein Thüringer behaftet sein kann sind lose Schulterblätter, leichter Knick in der Rückenlinie hinter den Schulterblättern, eine leicht nach oben gewölbte Rückenlinie und abstehende Schenkel.

    Deutsche RiesenscheckeDeutsche Riesenschecke

    3. Fell:

    Dies ist bei den Thüringern etwas die „Problemposition“. Das mittellange Fellhaar (etwa 3cm) ist äußerst dicht in der Unterwolle, mit gleichmäßig guter, nicht zu grober Begrannung. Die Ohren sollen gut behaart sein. Die Thüringer Kaninchen sind bekannter weise ein vorzüglicher Fellträger. Ich möchte hier aber auch auf Probleme hinweisen, die in dieser Position bei einigen Tieren auftreten können. Zum einen sind dies die verstümmelten oder gar fehlenden Spürhaare, zum anderen die schlecht behaarten Ohren. Erst einmal zu den verstümmelten bzw. fehlenden Spürhaaren. Die Tiere werden mit einwandfreien Spürhaaren geboren. Im Laufe des Wachstums und der einsetzenden Haarung rollen sich die Spürhaare auf und brechen schließlich ab. Dieses Phänomen kennen wir zu genüge von den Rexen. Große Probleme bereiten auch die schlecht behaarten Ohren. Gerade die Rückseiten der Ohren weisen vielfach eine mangelnde Behaarung auf. Hierauf sollte man bei der Bewertung der Thüringer achten und bei Vorhanden sein mit entsprechendem Punktabzug ahnden.

    4. Deckfarbe:

    Als Deckfarbe gilt die harmonische Verbindung der gelb - rötlich braunen Deckfarbe mit dem dunkelbraunen Grannenhaar, das als rußartiger Schleier gleichmäßig auf der Decke liegt. Wie bei einigen anderen Rassen auch ist die Deckfarbe nicht mit einer einfachen Farbbeschreibung braun, gelb, rot zu erklären.

    Deutsche RiesenscheckeBeim Thüringer haben wir es zunächst mit der Grundfarbe zu tun, über der dann ein rußiger Schleier liegt. Beides gemeinsam ergibt die Deckfarbe. Besonders wertvoll ist die Deckfarbe, wenn sie vom Kopf bis zur Blume hin gleichmäßig ist. Dies bedeutet, dass die Farbe am Kopf mit der auf dem Rücken identisch sein soll. Feststellen läßt sich dies leicht, indem man die Ohren etwas zur Seite drückt und die Farben vergleicht. Ist der Schleier etwas schwach, so sprechen wir von einem etwas helleren Tier, ist er dagegen stark, so sprechen wir von einem etwas dunkleren Tier.

    Genug rußfarbige Grannen sollten die Tiere allerdings haben, denn das macht ein Thüringer aus. Im zur Zeit geltenden Standard werden aufgrund dieser Erscheinungen drei Schattierungen zugelassen. Dort heißt es: Leichte Abweichungen nach hell oder dunkel sind gestattet, doch ist den mittelfarbigen Tiere der Vorzug zu geben. Zu dunkle Tiere beginnen von der Blume über die Hinterpartie hoch zu dunkeln, wobei dies wenig oberhalb der Blume noch nicht so verwerflich ist. Die Deckfarbe in einer Ausstellungshalle zu beurteilen ist sehr schwer, da hier die Lichtverhältnisse eine große Rolle spielen. Die Bauchdeckfarbe ist dunkel (rußartig). Die Augen sind braun, die Krallen dunkel hornfarbig.

    • Leichte Fehler:

    • hell- oder fahlgelbe bzw. nicht angegebene Deck- und Bauchdeckfarbe

    • schwacher, flockiger oder etwas viel Rußanflug

    • etwas dunkler Kopf

    • leichte Durchsetzung der Deckfarbe mit weißen Haaren

    • Schwere Fehler:

    • stark mit weißen Haaren durchsetzte Deckfarbe

    • sichtbar weiße Flecken

    • gänzliches Fehlen des Rußanflug

    • gänzlich dunkler Kopf

    • anders als die braune Augenfarbe

    • zweierlei oder farblose Krallen

    5. Abzeichen:

    • Als Abzeichen gelten Maske, Augenring, Ohren, Kinnbackeneinfassung, die Seitenstreifen, der Bauch, die Innenseite der Läufe und die Unterseite der Blume.

    • Die Maske, die nicht über die Höhe der Augen reichen soll, ist ohne scharfe Abgrenzung stark rußartig ausgeprägt und über dem Nasenrücken am dunkelsten.

    • Man sieht nur noch selten Masken, die weit über die Augenhöhe reichen. Vielmehr gibt es andere Probleme. Zum Beispiel haben manche Tiere hinter dem Nasenrücken einen braunen Klecks in der Maske. Teilweise ist die Maske am Nasenrücken noch dunkel und verliert aber sofort seine rußige Farbe. Vielfach sieht man Masken, die richtig dunkel sind, aber abrupt aufhören, wie bei den Russenkaninchen. Diese Masken sehen zwar optisch sehr schön aus, sind aber nicht das Zuchtziel.

    • Ebenfalls ohne starke Abgrenzung sind die dunkel rußartigen Ohren und Läufe. Das vorderste Glied der Läufe soll dunkel sein und nach oben hin heller werden.

    • Bei den Ohren gibt es ganz unterschiedliche Bewertungen. Teilweise werden total dunkle gefordert und auftretende braune Anteile rigoros bestraft. Hier denke ich kann man sagen, dass der dunkle Teil an den Ohren überwiegen sollte.

    • Die Augen sind dunkel umgrenzt, die Kinnbacken rußartig eingefasst.

    • Die dunkle Blume darf in eine helle Spitze übergehen.

    • Nicht damit gemeint ist, dass die Blume vorne ganz hell wird.

    • An den Seiten und Hinterschenkeln zieht sich ein breiter, rußartiger Streifen hin. Die Abzeichen sind um so besser, je kräftiger sie sich von der Deckfarbe abheben, ohne jedoch scharf abzugrenzen. Dies bedeutet, dass die Seitenstreifen nicht tiefschwarz sein sollen, damit geht der Ruß verloren und man bekommt Probleme in anderen Positionen.

    • Bei Tieren mit intensiven Abzeichen neigt die Deckfarbe dazu, zu dunkel zu werden oder die Tiere zeigen einen dunklen Kopf.

    • Leichte Fehler:

    • nicht angegebene Farbenzeichnung

    • schwache, unklare oder verwaschene Abzeichen

    • über die Augen reichende Maske

    • schwere Fehler:

    • fehlende Abzeichen

    Deutsche RiesenscheckeDeutsche Riesenschecke

    6 Unterfarbe:

    Die Unterfarbe ist kräftig gelbrötlich und reicht tief bis zum Haarboden. An den dunkelfarbigen Körperstellen darf die Unterfarbe cremefarbig bis graublau sein. Während es in den Positionen Deckfarbe und Abzeichen sehr gute Tiere gibt, so ist die Unterfarbe doch noch weit vom Ideal entfernt. Gerade Tiere mit schöner rotbrauner Deckfarbe und guten Abzeichen zeigen eine helle bzw. weiße oder gar schlimmer noch eine bläuliche Unterfarbe. Teilweise erkennt man im Genickbereich eine blaue Unterfarbe. Dies ist weder erlaubt, noch im Standard als Fehler aufgeführt. Hier liegt eine Lücke im Standardtext des Thüringer Kaninchens vor. Die blaue Unterfarbe kann aber auch haarungsbedingt sein, denn diese Rasse unterliegt starken Schwankungen während der Haarung. Oft fehlt das rötliche und die Unterfarbe erscheint matt gelb. Einige Tiere zeigen eine Art Zwischenfarbe. Wenn man in das Fell hinein bläst, erkennt man im Trichter einen Ring von schwarzer oder blauer Farbe.

    • Leichte Fehler:

    • schwache, schmale, unreine oder durchsetzte Unterfarbe

    • schwere Fehler:

    • stark durchsetzte Unterfarbe

    • blaue Unterfarbe auf dem Rücken

    7 Pflegezustand:

    Ich möchte auf diesen Punkt nicht weiter eingehen, denn hier gelten die allgemeinen Bestimmungen im Standard, die für jede Rasse gleich sind.

    3. Schlußbetrachtung:

    Thüringerzucht macht sehr viel Freude, weil man es hier mit einer sehr gut durch gezüchteten Kaninchenrasse zu tunDeutsche Riesenschecke hat, bei der durch entsprechende Selektion genügend gute Tiere unter den Nachkommen zu erwarten sind. Für die Zucht der Thüringer Kaninchen gibt es sicherlich keine Patentrezepte. In den meisten Lehrbüchern findet man den Vorschlag mittel X mittel zu verpaaren, um somit die besten Ergebnisse zu erhalten. Als Faustregel sollte man die Formel im Hinterkopf behalten. Jedoch darf man Tiere mit extremen Gegensätzen nicht miteinander verpaaren (bedeutet ein sehr helles Tier mit einem extrem dunklen Tier).

    Für die richtige Auswahl der Zuchtpaare benötigt man vor allem Erfahrung und ein gewisses Fingerspitzengefühl. Eine unablässige und genaue Zuchtbuchführung ist ebenfalls nötig um schöne und gleichmäßige Tiere zu erhalten. Gerade bei Fremdeinpaarungen spalten die Tiere erheblich auf und die Nachzucht wird etwas bunter. Wegen ihrer Frohwüchsigkeit und guten Muttereigenschaften bereitet auch die Haltung der Thüringer in einem mittelrassen typischen Ambiente kaum Probleme. Die Tiere sind so frohwüchsig, dass man mit April und Maiwürfen durchaus während der Schausaison zurechtkommt. Gerade die Thüringerfarbe ist nicht ganz unempfindlich gegen Außeneinflüsse. Daher sollte der Züchter seine Kaninchen mit Bedacht ausstellen und nicht von Schau zu Schau jagen und noch hohe Bewertungen erwarten. Der Züchter erlebt beim Thüringerkaninchen eine spannende und abwechslungsreiche Zucht.

    Preisrichterliche Betrachtung

    Ich danke dem Kollegen für diesen umfassenden Bericht, dem ich nichts hinzuzufügen habe.

    Kai Sander

    Erbbiologische Betrachtung

    Oh doch, es ist dem sehr guten Beitrag doch noch etwas hinzuzufügen. Der Autor des Beitrags erwähnt in seiner Schlussbetrachtung: Als Faustregel sollte man die Formel im Hinterkopf behalten. Und genau hier ist im Interesse der Zucht der Thüringerkaninchen die erbbiologische Betrachtung anzusetzen, die dazu beitragen möge, die Rasse in der Zucht, bei der Bewertung und auch in der Standardbeschreibung einmal mit anderen Augen zu betrachten.

    Die Erbformel der Th lautet: AbCDg/AbCDg = Gelb. Und was verbirgt sich hinter diesen Buchstaben farbmäßig, was sehen wir in etwa in den Ausstellungen?

    Ein optisch sehr schönes Abbild gemäß der Standard- und Zuchtforderung. Alle Abzeichen heben sich sehr gut von der kräftig gelben Deckfarbe ab.

    Zwei mittlere Variante des Thüringer-Phänotyps

    Ein viel zu dunkler Vertreter der Rasse

    Wie kommt es nun zu solchen Unterschieden?

    Um diese Frage eingehender beantworten zu können, muss man sich wieder der Schwarzwildfarbigkeit zuwenden, denn sie liegt jedem Tier jeder Rasse, das aus Kombination mutierter Anlagen entstand oder nur unter Verwendung mutierter Dominanzfaktoren entstanden ist, zugrunde.

    So, wie die genetischen Grundlagen der hasen-, wild- und dunkelgrauen Typen das gesamte Haar genau in dieser Reihenfolge dunkler werden lassen, geschieht dies auch bei den Thüringerkaninchen (um bei der Rasse des Monats zu bleiben). Wenn dann erst noch Eisengrau den Ursprung bildet, kommt es ganz schnell zu den sehr dunklen bis viel zu dunklen Typen, die nicht mehr dem Th-Ideal entsprechen.

    Die Erklärung dafür, dass es zu so einer variierenden Breite von Th-Phänotypen kommen kann, ist ferner damit zu begründen, die Standardforderung nach einer gelbrötlich braunen Deckfarbe wird in Züchterkreisen etwas sehr wörtlich genommen wird. Das soll heißen, je nach Geschmack des Züchters wird eine Farbvariante von hell bis reichlich dunkel bevorzugt.

    Nein, nein, verehrte Zuchtfreundinnen und Zuchtfreunde, es ist tatsächlich so. Das haben Erfahrungen aus der Holländerzucht, thüringerfarbig-weiß bereits unzählige Male bewiesen.

    Andererseits wird die Standardforderung zu wörtlich genommen. Das ist bitte nicht gegen die Standardkommission gerichtet! Ich weiß, wie schwer es ist, gerade Tierfarben so zu beschreiben, damit sich ein Leser eine Farbe vorstellen kann.

    Wenden wir uns also der Definition der gelbrötlich braunen Deckfarbe zu:

    o Hinsichtlich der Farbe beim Th sind zwei wesentliche Bereiche zu berücksichtigen. Erstens die Deckfarbe und zweitens die Abzeichen/Rassemerkmale.

    Ein Gelb kann niemals Rot sein, wenn keine Rotverstärkung vorliegt. Bei der Rasse des Monats ist eine Rotanlage nicht gegeben, so dass die Forderung nach einem kräftigen Gelb entsprechend der Erbanlage gerechter wäre.

    Ein gelbrötlich braunes Zusammenspiel in der Deckfarbe ist mit Blick auf die rassespezifische Genetik nicht besonders treffend, denn Braun als Fellfarbe benötigt eine erbbiologische Anlage der Pigmentverringerung von C (Schwarz) zu c (Braun). Das ist im Bereich der Deckfarbe nicht gegeben. Das Gelb kann unter dem Einfluss der Einfarbigkeit und mit der Unterstützung der anderen Vollfarbpigmentierungen (ACD) kräftig erscheinen, weil keinerlei Wildfarbigkeit dazu führt, dass eine Bänderung entsteht, die eine Farbabgrenzung erzwingt. Mit einfachen Worten gesagt, kann sich die Farbe auf das gesamte Einzelhaar gleichmäßig ausdehnen

    Die auf die Abzeichen und anderen Rassemerkmale bezogene Aussage rußig ist stimmig, denn Klein-b der B-Serie unterbindet die Wirkungen des dunklen Pigments. So kann eben das Schwarz nicht mehr so intensiv wie bei einem Alaska erwartet werden.

    Wichtig ist auch, dass man sich darüber klar ist, dass Tierfellfarben nicht eindeutig, Schwarz, Blau, Braun aufweisen, sondern immer so etwas wie Mischfarben darstellen. Die angesprochenen Pigmente in diesen Mischfarben reagieren dann auch entsprechend der erbbiologischen Vorgabe - z. B. Reduzierung dunklen Pigments

    Das Formel-Erbbild sieht so aus, als müsste ein solches einfarbig gelbes Tier nun am ganzen Körper reingelb erscheinen. Aber weit gefehlt, dieses Farbbild ist weder rein noch einfarbig gelb. Die stark rußartigen Abzeichen und die gleichfarbigen Grannenhaare, die den gewünschten Schleier auf der kräftig gelben Decke verursachen, passen nun wahrlich nicht in unsere Vorstellung einer gelben Einfarbigkeit.

    Es ist bekannt, die letzte Mutationsstufe Klein-b der B-Serie unterbindet die Wirkungen des dunklen Pigments. Und so widersprüchlich diese Aussage zu sein scheint, finden wir im Thüringerkaninchen (thüringerfarbig, auch gems- [neudeutsch: gäms-] oder madagaskarfarbig genannt) den reingelben Genotyp mit der eingangs dargestellten Erbformel.

    Die Ursache lässt sich aber erklären.

    Für die Deckfarbengestaltung bleiben die Faktoren C (für Schwarz) und D (Dichte der Schwarzeinlagerung) in ihrer Wirkungskraft weitestgehend uneingeschränkt und dominant, d. h. Klein-b beschränkt deren Wirksamkeit auf ein territoriales Minimum, so dass sie sich nicht flächenbildend bemerkbar machen können und in dieser Art begrenzt sichtbar bleiben. Dies resultiert aus dem Krafteinfluss beider Faktoren in ihrer hier von einer Veränderung nur gering berührten Form. Durch die Minimierung des absolut dunklen Pigments (B zu b) auf die hellste Stufe wird neben den limitierten C-D-Auswirkungen das gesamte Haar heller. Diese Tatsache dürfte sich bei Klein-b durch die abnehmende Intensität von Phäomelanin begründen lassen.

    Sicherlich, es gibt auch hierfür gründliche wissenschaftliche Erklärungen, weshalb der braune bis schwarze Farbstoff Melanin so unterschiedliche Streuungen erfährt. Man unterscheidet erstrangig zwischen Eumelanin (braune bis schwarze Farbeinlagerung) und Phäomelanin, das eher für intensiv gelbe bis rötlichbraune Farben zuständig ist. Auch die Vermischung dieser Melanine kann nach Kreuzungen neue Farbvarietäten hervorbringen. Durch Mutationen und Paarung unterschiedlicher Genotypen kann aber auch die Anzahl und Form der Pigmente verändert werden. Es können hier sowohl Mutationen als auch Kombinationen die Pigmentierung einzelner Farbvarianten beeinflussen und die Gesamtfärbung des Deckhaares durchaus entscheidend verändern.

    Und besinnen wir uns nun nochmals auf die eingangs erwähnte Abhängigkeit, welcher Variante Schwarzwildfarbigkeit dem Thüringer zugrunde liegt, wird uns klar, weshalb es zu den oben angeführten hellen, mittleren und ganz dunklen Typen kommen muss. Je intensiver die grundlegende Bereitschaft für die Schwarzintensität vorliegt, umso dunkler werden auch die Tiere der wunderschönen Rasse Thüringerkaninchen.

    (c) Heidrun Eknigk

    Historische Betrachtung

    Zusammengestellt von Frank Waffen

    Die Gemsfarbigen Thüringer sind, wie schon Ihr Name besagt, in Thüringen herausgezüchtet, und zwar in dem freundlichen Industriestädtchen Waltershausen, Freistaat Gotha. Wie die meisten unserer Rassen, so verdanken auch die Thüringer ihre Entstehung dem reinen Zufall. Zwar war es kein planloses Ziel, welches sich der Züchter dieser neuen, eigenartigen deutschen Rasse, Herr Lehrer David Gärtner(1841-1927 A.d.A.), wohl einer der ältesten Züchter, gesteckt hatte, aber diese Neulinge wollte er nicht züchten. Sein Bestreben ging vielmehr dahin, das Fleischgewicht der Russen und Silberkaninchen, welche Herr Gärtner in den neunziger Jahren(1890 A.d.A) züchtete, auf eine höhere Stufe zu bringen.

    Häsin, 18 Monate alt, mit 10 Wochen alten Jungen Gemsfarbiges Thüringer Kaninchen

    Er verpaarte die Russen- und Grau Silberhäsinnen mit Rammler Rammlern Belgischer Riesen oder großen Kreuzungstieren, damals Lothringer Riesen genannt. Diese vergrößerten Russen und Silberkaninchen fanden keinen Anklang bei den Züchtern auf Leipziger Drachenfeldschau um das Jahr 1900.

    Zufällig zwischen 1890 und 1900 konnten sich durch durchgefressene Kistenkäfige, die vergrößerten Russen und Silberkaninchen des Herrn Gärtner verpaaren. Bei einem Wurf war ein Rammler gemsengelb mit schwärzlichen Anflug an Kopf, Läufen und Blume dabei. Diese Farbe interessierte Herrn Gärtner und er konnte durch Rückpaarung dieses Rammlers mit der der eignen Mutter, weitere Tiere gleicher Farbe herauszüchten. Diese neue Rasse, gab er den französischen Namen Chamios, d.h. gemsfarbig. Später wurde die Rasse in Gemsfarbige Thüringer umbenannt, heute heißt die Rasse Thüringer.

    Gemsfarbiges Thüringer Kaninchen, mit guter Ohrenhaltung.

    Häsin, 6 Monate. Rammler 8 Monate

    Gemsfarbiges Thüringer Kaninchen, Häsin, ebenfalls aus dem 1906, mit ungewohnter Ohrenhaltung, die inzwischen bei den später erzüchteten Tieren beseitigt worden ist

    Als weiterer Erstzüchter ist der Autor der Broschüre „Das Gemsfarbige Thüringerkaninchen“ Herr Piegsa zu nennen. Man fand 12 Züchter, die sich für diese neue Rasse interessierten. Herr Gärtner verkaufte einen Teil seine Tiere für 2 bis 3 Reichsmark pro Tier an diese Züchter, mit der Bedingung, das sie die Tiere nicht weiterverkaufen dürfen. Durch Inzucht kam es zu hohen Tierverlusten, so das wieder auf Häsinnen der Ursprungsrassen Russen- und Silberkaninchen zurück gegriffen werden musste.

    Gemsfarbiges Thüringer Kaninchen, Rammler Gemsfarbiges Thüringer Kaninchen, Rammler, mit breitstehenden Ohren. Eins von den 1906 in Leipzig zum erstmal ausgestellten Tieren, die damals wegen der ungewohnten Ohrenhaltung wenig Liebhaber fanden

    Nur die Kreuzung zwischen Russenhäsinnen und Thüringerrammler, brachten den erwünschten Erfolg. In Folgezeit wurden auch Blaue Wiener mit eingekreuzt. Der im Jahre 1905 in Waltershausen gegründete Lokalclub der Züchter Thüringer Kaninchen, sorgte für rasche Verbreitung der Rasse. Die ersten Tiere wurden 1906 in Leipzig ausgestellt. Im Standard vom Bund Deutscher Kaninchenzüchter Ausgabe 1908 wurde das Thüringer Kaninchen als anerkannte Rasse aufgenommen.

    Zu dem Bild der Stallseitenansicht, möchte ich folgendes ergänzen.

    Deutlich zu erkennen, der Schieber in mittlerer Buchte. Der dient zum absperren der frisch geworfenen Häsin von Ihren Jungtieren. Bei dem füttern wird in den ersten 10 Tagen der Schieber gezogen, damit sie Ihre Jungen säugen kann. Später wird der Schieber entfernt, damit die Häsin und Ihre Jungen genügend Platz haben, bis zum absetzen der Jungtiere

    Quellen

    Literaturhinweis: E. Piegsa „Das Gemsfarbige Thüringer Kaninchen“

    Verlag F.Poppe. Leipzig 3. Auflage 1919

    K.Dorn Rassekaninchenzucht Verlag Neumann Leipzig Radebeul 4. überarbeite Auflage 1981

    Zusammengetragen und bearbeitet durch F. Waffen

    Wir bedanken uns bei Heiko Semmel für diesen Bericht und die Fotos. Weiterer Dank gilt Tatjana Ruthmann, Kai Sander,Heiko Semmel und Siegfried Lübbert für Ihre Mitarbeit. Das Copyright liegt bei den jeweiligen Verfassern und beim Rassekaninchenzuchtforum e.V. Die Rechte der Grafiken liegen bei http://www.rkz-forum.com. Weitere Ergänzungen, Meinungen und Bilder zum Rassebericht bitte an webmaster@rkz-forum.de. Wir weisen nochmals ausdrücklich darauf hin, das die Bilder, Texte und Grafiken bestimmten Rechten unterliegen, und das wir Copyrightverletzungen strafrechtlich verfolgen lassen werden.

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