Hallo zusammen!
Mir geht es inzwischen sehr oft so wie Manfred im Beitrag „Jungtiere aus Fremdpaarung“ schon anmerkt. Allzu oft gibt es bei den Beiträgen nur noch schwarz oder weiß und nur die eine Ansicht ist richtig bzw. soll für allgemeinverbindlich erklärt werden. Der Züchter der das so und so macht ist gut, wer es nicht so macht ist schlecht. Dann holt man noch die Argumenten-Totschlagkeule heraus und merkt gleich an, wer es anders macht als ich ist kein Rassekaninchenzüchter, sondern nur Vermehrer.
Ich greife ein paar Beispiele aus vergangenen Diskussionen auf.
Man kann Tiere auf Ausstellungen kaufen, ohne jemals ein Wort mit dem Züchter gesprochen zu haben. Auch mit diesen Tieren kann man über Jahre hinweg hervorragende Nachzucht ziehen. Das persönliche Gespräch und Kaufen am Stall mag das Risiko eventuell minimieren, aber auch direkt im Stall kann man sich böse Überraschungen einkaufen.
Wer viele Tiere züchtet bekommt automatisch den Makel des schlechten Züchters, weil man so viele Tiere braucht, um gut zu sein.
Ich züchte auch viele weiße Zwergwidder, aber davon gehen auch mal zwanzig Tiere auf die Landesschau mit einem guten Punkteschnitt. Ich kann aber auch mit weniger erfolgreich sein. Mein von den Punkten her gesehen bestes Jahr war das Jahr, als ich wegen Hausbau und Arbeitgeberwechsel nur dreizehn Jungtiere zog. Ich habe einfach nur gerne viele gesunde und muntere Kaninchen im Stall.
Haltung auf Stroh/ einstreulose Haltung
Auch hier gibt es kein schwarz oder weiß. Jede Haltungsform hat ihre Vor- aber auch Nachteile. Wer um diese weiß kann die Haltung optimieren, aber perfekt oder genau richtig gibt es auch hier nicht. Ich halte meine Tiere ganzjährig auf Stroh und gedenke dies auch nicht zu ändern, auch wenn ich um die Nachteile, insbesondere in der Aufzuchtphase, weiß.
Pellets, Fertigfutter oder selbst mischen
Hierzu gibt es im Forum diverse Beiträge, darunter auch einen von mir. Es gibt dazu fast so viele Meinungen wie Schreiber. Züchter, die sich selbst mit den günstigsten Produkten aus dem Supermarkt versorgen wollen oder müssen, werden gewiss nicht dazu übergehen, ihre Tiere nur mit zugekaufter Biokost zu füttern.
Ich habe sehr schlechte Erfahrungen mit der Pelletfütterung gemacht und mische mein Futter seit über zehn Jahren selbst. Damit fahre ich sehr gut, auch wenn in meinem Beitrag hierzu Anja dieses Futter, salopp formuliert, als großen Mist analysierte. Da ich diese Analyse aufgrund der getroffenen Aussagen für sehr rudimentär, in Teilen auch schlichtweg für falsch halte und noch dazu mir meine eigenen Erfahrung und (Auf-)Zuchterfolge etwas anderes zeigen, fütterte ich mein Futter weiter, auch wenn Anja als Angestellte eines Futtermittelherstellers mehr theoretisches Wissen hat. Mit einem Punkt könnte sie aber Recht haben und dies werde ich nun auch mit einer anderen Fütterung prüfen.
Aus einem Text von Manfred kopiert: „ … das Forum … dazu da, um Ratschläge zu erteilen und Interessierte an die Rassekaninchenzucht heranzuführen“
Das sehe ich auch so. Wobei man manchmal auch akzeptieren muss, dass man Ratschläge zwar geben kann, diese aber nicht immer angenommen/ umgesetzt werden.
Ist nicht immer leicht und manchmal zum Verzweifeln, aber es müssen nicht alle Menschen gleich sein und gleich handeln. Und ändern kann man die meisten Menschen auch nicht – nur zum Nachdenken anregen.
Abschließend noch was zum eigentlichen Thema.
Wie die Diskussionsbeiträge zeigen, kann man auch hier nicht schwarz/weiß denken. Es kommt auf die gezüchtete Rasse/ Farbenschlag an. Hat man einfarbige Tiere oder Schecken, eine Neuzucht, eine selten gezeigte Rasse oder eine weit verbreitete Rasse.
Bei Neuzuchten kann es stimmen, dass man von Jahr zu Jahr neue Zuchttiere/ Nachzuchttiere einsetzt, um sich zu verbessern. Bei Blaue Wiener oder wie in meinem Fall weiße Zwergwidder ist man ja schon froh, wenn man einen hohen Zuchtstand über Jahre halten kann. Was nun schwerer ist mag jeder für sich selbst beurteilen – eine Rasse verbessern oder auf hohem Niveau zu halten.
Ich behalte jedes Jahr neue Zuchttiere, aber mit den erfolgreichen Alttieren ziehe ich weiter. Wenn es ein Zuchttier ins dritte Zuchtjahr schafft, dann ist es auch ein gutes Tier und wird natürlich weiter zur Zucht eingesetzt.
Da ich aber nicht nur mit dem Kopf, sondern auch „mit dem Herzen züchte“, bleiben alte Zuchttiere bei mir immer länger im Stall, denn wer mich über mehrere Jahre mit schönen Jungtieren glücklich macht, der wird auch nicht geschlachtet und darf die Rente munter über die Wiese hoppelnd genießen. Meine zwei ältesten Rentner werden in diesem Jahr zehn Jahre alt. Der Rammler war im letzten Jahr noch im Zuchteinsatz, seine Schwester allerdings seit vier Jahren nicht mehr.
Netter Gruß
Tobias