Dann sollte man sich eben präziser ausdrücken.
Hallo Karl,
ich muss Dir schon wieder Recht geben. Verzeih' meine Nachlässigkeit. Für die nötige Präzisierung verwende ich einfach mal eine Zusammenstellung der Nahrung von Wildkaninchen. Ich weiß, das sind keine Hauskaninchen, aber da sich die Organe und Funktionsweise der Verdauung der beiden kaum unterscheiden, verallgemeinere ich jetzt einmal für Kaninchen (bis zu einer Körpermasse von ca. 3 - 4 kg).
Wie man aus dem ganz rechten Balken (Zusammensetzung auf das ganze Jahr bezogen) gut erkennen kann, setzt sich der Großteil der Nahrung aus Gräsern und Kräutern zusammen. Das hat auch seinen guten Grund: Sie enthalten Nährstoffe in der Art, Menge und Zusammensetzung, die sonst kein Futter bietet. Dazu kommen noch Wirkstoffe, ohne die eigentlich auch nichts geht, die in der Ernährung von Tieren aber seltsamerweise nur eine untergordnete Rolle spielen. Da die Basis von Pellets in der Regel Grünmehle bilden, kann man über die noch enthaltenen Wirkstoffe nur spekulieren. Viele dürften der Trocknung und Verarbeitung zum Opfer gefallen sein. Der rechte Balken steht somit für die, von mir sehr allgemein getroffene, Bezeichnung "natürliches Futter". In diesem Fall könnte man sogar unbedenklich das Wörtchen "artgerecht" hinzufügen.
Wenn jemand also meint, er gibt seinen Tieren viel natürliches, frisches Gras und wäre damit aller Sorgen ledig, enthält den Tieren z. B. eine große Gruppe von Pflanzen vor, die sie ja auch noch fressen - die Zweikeimblättrigen (also Kräuter). Weiterhin gibt es noch Baumbestandteile, Samen, Moose, Pilze (nicht in der Aufstellung enthalten) und so weiter. Es gibt eigentlich nichts, was in irgend einer Jahreszeit nicht gefressen wird - es variieren nur die (verfügbaren und benötigten) Mengen.
Die genialen Pellets verfügen nach Meinung vieler über einen unschlagbaren Vorteil: Sie sind immer gleich in Bezug auf die Zusammensetzung. Ganz richtig bzw. präzise ist das natürlich nicht, weil ja die Basis, also die Grünmehle, wiederum aus Pflanzen mit allen ihren Unwägbarkeiten bilden. Die Tiere können aus diesen Pellets nix auswählen und sind dazu verdammt, immer das gleiche zu fressen. Nix mit Individualität. Egal wie es ihnen geht, egal, ob gerade irgendein spezielles Bedürfnis: sie fressen immer das gleiche. Und das tut man Tieren an, die in der Lage sind, einzelne Nährstoffe (!) im Futter zu erkennen und dessen Aufnahme entsprechend zu regulieren. Die Pellets sind Konzentrate in einer Form, die der Nahrungsaufnahme (Zerschneiden und Kauen) dieser Tiere völlig widerspricht. Selbst die, jetzt in der "Forschung" avisierten, "Futterwürfel" sind immer noch voller Nachteile.
Soweit die Vorrede. Jetzt meine Feststellung, die sich auch in der Praxis immer wieder bestätigt: wenn man ein Kaninchen, egal welcher Farbe und Rasse und mit einer Maximalmasse von ca. 4kg in der Art des rechten Balkens ernährt, wird es freiwillig keine Pellets mehr fressen. Warum sollte es auch solchen Kram fressen? (Die einzelnen Segmente des Balkens enthalten natürlich nicht nur ein Gras und ein Kraut, sondern derer, entsprechend des Habitats, sehr, sehr viele verschiedene.) Auf Grund der Individualität und der berühmten Ausnahmen schließe ich natürlich auch nicht aus, die es trotzdem Tiere geben wird, die sicher noch das eine oder andere Pellet genüßlich zwischen den Backenzähnen zerkauen und die Krümel in den Magen und Darm wandern lassen. Wir könnten ja aber überlegen, ob wir die Ausnahmen oder eine große Mehrheit diskutieren.
Ich hoffe, ich habe damit etwas deutlicher machen können, was ich meinte.
Freundliche Grüße,
Andreas