Nabend zusammen,
Es ist doch immer wieder dasselbe Thema. Züchten oder Vermehren - so sehe ich
das mittlerweile und ich will darlegen, wieso.
Vermehren kann ich Rassen wie Perlfeh und Kleinchinchilla, in denen nur eine
Farbe seit Jahr und Tag existiert - oder sagen wir besser existieren sollte -
und so vom Standard benannt wird. Solange Rassen eine solch weite Verbreitung
haben, ist das auch alles kein Problem, denn dann reicht auch die Varianz
innerhalb der Rasse weit genug, um aus all den verschiedenen Linien und Typen
ausselektieren zu können.
Aber wie mag das gewesen sein, als es die ersten Tiere dieser später
"Rassen" genannten Populationen gab? Da waren auch nicht alle Tiere
blau bei den blauen Wiener Würfen, schließlich muss es doch Gründe dafür geben,
dass es heute heißt, die schwarzen seien aus der Zucht der Blauen
hervorgegangen.
Habe ich aber in unseren Tagen seltene Rassen, von denen nur wenige Tiere
gezüchtet werden und darüber haben wir ja die jährlichen Statistiken mit teils
denkwürdig kleinen Populationen, so ist Zucht und nicht Vermehrung geboten und
damit auch die Kombination von verschiedenen Farbenschlägen oftmals
unausweichlich!
Ich will das Grundproblem dabei auch mal aus der Sicht des Tierzüchters
beschreiben: Wir müssen uns in Zeiten von genomischer Selektion bei Nutztieren
(lässt den Blick auf die molekulare Genetik des Tieres zu) von unseren
althergebrachten Zuchtmethoden in der Weise trennen, als dass man davon
abrücken muss, zu glauben, man kann allein mit klassischer Zucht absolut
reinerbige Stämme aufbauen!!! Man kann zwar einen nicht gewollten rezessiven
Genotyp (Blau in einem schwarzen Stamm zum Beispiel oder im Falle der EW
Thüringer in Schwarz) statistisch gesehen durch die immer wiederholte
Verpaarung von zum Beispiel schwarz x schwarz gegen Null drücken, aber genau
auf Null bringen wird man es eben auf diese Weise doch nicht. Auch nach vielen
vielen Generationen kann dann auf einmal in einer gelben Rasse noch ein
thüringer auftreten o.ä. .
Etwas anderes schwirrt mir dabei noch durch den Kopf: Im Falle der Kreuzung
schreien viele "Wie kann man nur". Wenn es aber funktioniert, der
Züchter (!) damit Erfolg und seinen Stamm verbessert hat, dann freuen sich alle
über den errungenen Zuchtfortschritt und den positiven Trend der Rasse.
Natürlich ist es etwas anderes, ob Farbenschläge einer Rasse miteinander
verpaart werden, oder ob man eine Fremdrasse einkreuzt, wodurch sich auch das
Temperament einer Rasse verändern kann.
Aber dann ist es wieder so, dass man auch argumentieren kann, dass sich Rassen
natürlicherweise (!) im Laufe der Zeit verändern, da Ansprüche an die Zucht und
"Zuchtfortschritt" nun einmal keine statischen Begriffe sind und sich
immer wieder verändern über die gezüchteten Generationen.
Scheinbar aber ist Rassekaninchenzucht etwas, was konservieren will, was numal
aus der Natur der Sache heraus nicht zu konservieren ist! =1
Man denke nur, was man heute mit Spitzentieren des Jahres 1920 machen würde...
Keinen Blumenpott oder Tonkrug
würde man gewinnen!
Und wieso? Weil in der Zwischenzeit Züchter selektiert haben, kreuzten und die
Bemühungen dahin gelenkt haben, das angestrebte Ideal zu erreichen und die
Ansprüche dabei immer höher zu schrauben. Dabei mag sich der Standardtext
gehalten aber die Tiere sich immer verändert haben!
Somit kann Kreuzungen und anschließender Selektion hinsichtlich des gestellten
Ziels nur positiv entgegen geblickt werden, ohne gleich kategorisch zu sagen,
dass es "nur ohne" oder "nur mit" geht. Man muss die
Situation der eigenen Linie, der Rasse und eben die zu beschreitenen Wege im
Anschluss kennen und sich damit auseinander setzen. Aber in dem Punkt hat in
der Regel die neue Züchtergeneration eben mehr Wissen, weil sich selbiges eben
auch über die Jahre vermehrt hat und es sich mit den neuen Medien auch
schneller weltweit verbreiten kann als es noch vor einigen Jahrzehnten der Fall
war. Fachwissen ist eben was anderes als Verbandszugehörigkeit.
Einen schönen Abend noch und egal wie, viel Spaß an der KaninchenZUCHT!
Liebe Grüße, English Pearls