Hallo,
das ist eine sehr konstruktive Diskussion!
Natürlich stimme ich Peter W und den anderen Vorschreibern zu, dass die Domestikation von Haus- und Nutztieren immer eine Veränderung der Haltungs- und Lebensbedingung von Arten im Unterschied zur "Urform" darstellt. Wir können aber sehr stolz darauf sein, dass die gesetzlichen Regelungen unseres Landes eine sehr art- und tierschutzgerechte Haltung ermöglichen und diese weitgehend auch in den Ställen unserer Tiere vorzufinden sind (Stallgröße, Hygiene, Futterzustand). Allgemein ist dies eine gesellschaftliche Zeit, in der bei vielen Tierarten sehr wohl die sozialen Bedürfnisse entdeckt werden - in der Pferdezucht und -haltung geraten neuerdings Offen- und Laufstallhaltungen in Gruppen sehr in Mode und werden gerne von den Tierbesitzern angenommen.
Man ist sich in den theoretischen Grundlagen der Zucht weitgehend darin einig, dass die Bedingungen einer "natürlichen" Haltung für Tiere für domestizierte Arten nicht nur nicht möglich ist, sondern auch nicht wünschenswert. In der sogenannten "natürlichen" Welt ist die Auslese viel höher und eine Verbesserung der Zucht hinsichtlich der Nutzbarkeit als Haus- und Nutztier natürlich auch nicht. Dass die Wildtiere "gesünder" wären, wird weiterhin sehr kontrovers zwischen den radikalen Positionen der Tierrechtsbewegung und wissenschaftlichen Erkenntnissen der Ethologie, Philosophie, unter wirtschaftlichen und tiermdedizinischen Aspekten diskutiert, und diese spannenden Standpunkte haben vermutlich alle ihre Berechtigung.
Die hier vorgestellten konstruktiven Vorschläge betreffen eine Anpassung der Zuchtziele an möglichst artgerechte Zuchtergebnisse (Abschaffung der Winterzucht, neue Einteilung der Schauklassen etc.). Ich möchte nicht behaupten, dass dies nicht auch das Ziel der meisten Tierzuchtverbände ist (Hunde, Pferde, Kaninchen usw.). Daher werden solche Anregungen im Allgemeinen auch aufgenommen und angepasst. Viele Qualzuchten sind inzwischen verschwunden, schädigende Verhaltensweisen von Züchtern über die Jahrzehnte verschwunden usw.
Ich bin als Farbenzwergzüchterin auch eine Nutzerin von Zuchtboxen, und würde auch ein beheizbares System verwenden (ich nehme stattdessen die tragenden Häsinnen ins Haus). Der Grund ist der: eine natürliche Selektion der stärksten Mutterhäsinnen (Wurfstärke, Nestbau, Milch betreffend) bedeutet schlicht, dass die Jungen der schwächeren Mütter sterben müssen. Der Tod von Jungen ist unter Tierschutzgesichtspunkten ein nicht vertretbares und unerwünschtes Ereignis. Wir dürfen schlicht nicht unter Bedingungen züchten, bei denen es zu Todesfällen kommen kann. Als Züchter überlassen wir unsere Tiere eben grade nicht der natürlichen Selektion, sondern ersetzen diese durch die Auswahl der Zuchttiere. Frohwüchsigkeit, Widerstandskraft, Fruchtbarkeit und andere Aspekte sollen dabei unbedingt mit Bedacht in die Auswahl einbezogen werden.
Mit vielen Grüßen
AnneB